Gottsuche
Die beiden Zeugen Jehovas und ihr Stand mit dem „Wachturm“ neben der Haltestelle, an der ich morgens auf den Bus warte, gehören zum Straßenbild in Chisinau wie die Trolleybusse und das Denkmal von Stefan cel Mare. Bei der Vorbeifahrt an verschiedenen Kirchen bekreuzigt sich jedes Mal ein Teil der Fahrgäste in der orthodoxen Art („rechts vor links“). Auf dem Nachhauseweg passiere ich später im Park die Falun-Gong-Leute, die dort ihr Lager aufgeschlagen haben, weiche unterwegs den beiden adrett gekleideten lächelnden jungen Männern aus Amerika aus, die gerne Passanten zum wahren mormonischen Glauben konvertieren möchten, bleibe kurz am Schaufenster der Buchhandlung stehen, wo mir Osho und der Papst auf Buchdeckeln entgegensehen. Vom Turm der nahegelegenen Kirche schlägt es zur vollen Stunde, als ich zuhause ankomme. Während ich in der Küche Kaffee zubereite, sehe ich vom Fenster aus, dass die Hare-Krishna-Jünger heute fünf Minuten später als üblich singend vorbeiziehen. So viel Suche nach Gott an einem Ort, den dieser offenbar längst verlassen hat.
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